Schule erLEBEN – Teil 2

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Schule erleben - und wie sie den Weg zum Erwachsenwerden formt...

Es geht weiter mit Teil 2 von Pias Erlebnisbericht:

Teil 1 findest du hier….

„Ich bin. Aber ich habe mich nicht. Darum werden wir erst.“

Ernst Bloch

Und wer wir werden, sollten wir selbst entscheiden und angehen!

Ich las dieses dieses Zitat vor einiger Zeit, führte den Gedanken lange weiter und erinnerte mich dann an einen prägenden Satz von Maria Montessori:

„Das Leben anzuregen – und es sich dann frei entwickeln zu lassen – hierin liegt die erste Aufgabe des Erziehers.“

Dabei bin ich von der Überzeugung geprägt, dass diese Aufgabe eine Schule bieten kann. Sie kann Fundament und Nährboden für eine freie und selbstbestimmte Entwicklung des Kindes sein und ihm somit den Grundstein für ein gesundes Selbstbewusstsein legen.

Leider wird dieser freiheitsbejahende Erziehungsstil oft fehlinterpretiert und als Versäumnis der Lehrer gewertet, wobei es so wichtig ist, dass Kinder die Eigenverantwortung ihres eigenen Handelns erlernen. Ein Gefühl dafür erwerben, was ihnen gut tut und wo ihre Grenzen liegen.

Und reflektiere ich die Reise, den langen Weg zu mir selbst, so war die schulische Freiheit ein elementarer Baustein während dieses Prozesses. Denn die echte Hingabe an eine Sache ist nur mit Freiheit möglich3.

Schon ganz jung durch sie herauszufinden, was mir Freude bereitet, wo ich wachsen möchte und zu sehen, wo ich Hilfe und besondere Unterstützung brauche, hat mich maßgeblich geformt.

Auch wenn dies absurd ist, denn jede Zehntelsekunde sind wir eine neue Form unserer Selbst, eine neue Fassung und Erscheinung. Doch ich rede von der inneren Mitte, die uns stark und sicher fühlen lässt, jene Mitte, von der wir zumindest behaupten, das wären wir.

Es war ein Weg…

Wichtig zu erwähnen ist mir in diesem Zusammenhang jedoch, dass ich diese Mitte erst sehr spät fand. Ein Urvertrauen besaß ich zwar bereits sehr früh und die Schule hat mir gelernt, dass ich mich auf dieses auch verlassen kann, doch von Selbstzweifeln und Unsicherheiten war auch ich nicht befreit. Doch es passierte etwas sehr wundervolles; ich habe für jene Zweifel nie einen Raum geboten bekommen, der diese verstärkt hätte. Und dies ist als so positiv zu bewerten, denn ich war stets mit Menschen umgeben, die mich akzeptierten wie ich bin und mich auf diese Weise lehrten, dass all diese Zweifel nichtig sind.

„Weise Lebensführung gelingt keinem Menschen durch Zufall. Man muss, solange man lebt, lernen, wie man leben soll.“

Seneca

Ich habe durch das Großwerden in diesem pädagogischen Gefüge gelernt, was mich bereichert und was mir Kraft gibt fortwährenden zu meiner Person zu stehen. Durch oben erwähnte Freiheit war ich gezwungen meine Arbeit und meinen Alltag selbst zu strukturieren und so sehr früh zu lernen, welchen Inhalt ich meinem Leben gebe, oder vielmehr mit welchem Volumen ich es fülle. Die Schule war dabei stets ein Ventil des Ausgleichs für mich. Meine eigentlich so introvertierte und zurückhaltende Art kennt an diesem Ort wohl kaum jemand. Doch den Menschen sich so frei entwicklen zu lassen, wie es in seiner Natur liegt, ist hier durch den Ansatz Maria Montessori gelungen. Neben all dem theoretischen Wissen, was ich meist vor allem durch Praxiserfahrung erlernte, habe ich eine Menge emotionale Bildung erfahren. Das Bewusstsein dafür, dass Sorgen, Ängste, aber auch Enthusiasmus und Euphorie genauso bedeutungsvoll im Schulalltag sind, wie das Lesen- und Schreibenlernen. Das die Unterteilung in einen Intelligenzquotienten und die Emotionale Intelligenz berechtigt ist und das Zwischenmenschlichkeit etwas ist, was man erlernen kann, gar muss. Ich habe gelernt zu diskutieren, Kritik anzunehmen und auch zu üben, meine Meinung kund zu tun und wie Wissensvermittlung auf allen Ebenen, ob bewusst oder unbewusst, funktionieren kann.

Und außerdem habe ich die Kenntnis erworben, dass Erfolg aus der eigenen Motivation hervorgeht. Kein Weg ist so kurzweilig und einfach zu bewältigen, wie jener, den man selbst aus Freude und Begeisterung wählte. Kein Erfolg schmeckt so süß, wie jener, der durch den eigenen Blick für das Notwenige entstanden ist. Und Aufgaben werden uns immer leichter fallen, wenn der Sinn dahinter sichtbar ersichtlich ist. Denn ein jeder müht sich dafür am liebsten, was er am meisten wertschätzt. Dabei kann oft alleine das Bewusstsein dafür, dass Lernen ein Privileg ist Wertschätzung genug sein. Deshalb sollte Schule diesen Ansatz herausarbeiten und Zeit für diese Erkenntnis investiert werden.

„Was Kinder betrifft, betrifft die Menschheit“ – Maria Montessori

Spannend ist für mich heute der Blick von außen geworden. Der gewonnene Abstand tut gut, um den Blick für das Wesentliche zu finden und auch mich selbst als Schülerin zu reflektieren.

Und es geht weiter… jeden Tag gewinne ich neue Erkenntnisse!

Es sind tausende von kleinsten Teilchen, die ich jeden Tag ein bisschen mehr zusammenführe und dadurch immer wieder neue Dinge entdecke, die Relevanz für mich hatten und denen ich ihre Bedeutung heute abgewinnen kann.

Spüre ich im Moment sehr deutlicher zu jenen Fragmenten hin und blicke auf meine schulische Laufbahn zurück, so ist es für mich so viel mehr geworden, als nur ein Ort der Wissensvermittlung. Es ist ein Ort, an welchem ich den Blick für Weltoffenheit errang, ein Ort zum Horizonte erweitern und Blickwinkel schärfen und ein Nährboden für Ideenreichtum.

Dies bedeutet für mich, Dinge und Gefüge im Prozess und dem eigenständigen Arbeiten zu verstehen, zu begreifen und selbständig zu erarbeiten und somit die Chance zu erhalten, sich ständig neu definieren zu können, Anstöße zu bekommen und zu geben und durch eigenen Antrieb seinen Träumen jeden Tag ein bisschen näher zu rücken.

Solch ein Traum formte sich über die letzten Jahre in mir und ich habe beschlossen, meine Vision zu teilen.

Mein Traum:

Ich träume von einer Welt, in welcher jedes Kind gerne zur Schule geht und dieser prägende Abschnitt im Leben eines jeden Menschen etwas darstellt, an was wir uns noch lange Zeit mit Freude zurück erinnern.

Das es uns gemeinsam gelingt, das Schulsystems in seiner starren Erscheinung und die Art der Wissensvermittlung zu revolutionieren und Schule somit in Zukunft ein Wille ist, keine Pflicht.

Denn ich glaube an die vermeintliche Utopie, dass Frieden auf der Erde herrschen kann, wenn allem Handeln die menschengerechte Bildung zugrunde liegt, denn ist sie nicht der Grundstein aller Handlungen, die aus uns empor steigen?

Kinder sind das wertvollste Gut, was diese Erde in sich trägt. Sie haben es verdient gehört und mit individuellem Blick beachtet zu werden, denn eines Tages sind sie jene, die eine neue Gesellschaft formen.

„Bildung ist das, was übrig bleibt, wenn wir vergessen was wir lernten.“

Edward Frederick Lindley Wood

Dabei erfüllt es mich mit Hoffnung und Angst zugleich, wenn ich darüber nachdenken, welche gesellschaftliche Relevanz die Schule in unserem Leben spielt und wie unachtsam wir damit umgehen. Kindern wird die Freude am Lernen regelrecht abtrainiert. Die Vermittlung von Wissen sollte dabei niemals eine Belastung, ein Störfaktor oder eine mühsam zu erledigende Aufgabe sein. Neugierde und Aufgeschlossenheit müssten den Kernpunkt darstellen und das Schulleben maßgeblich bestimmen. Leider ist der Schulalltag häufig noch immer von der Autorität des Lehrers überschattet, welche jenen schadet, die lernen wollen, denn eine Rücksichtnahme auf die individuelle Lerngeschwindigkeit kann in diesem Schulsystem nicht gewährt werden.

Ich frage mich manchmal, ob es in unserer modernen und aufgeklärten Gesellschaft nicht an der Zeit ist, Kindern das Vertrauen zu schenken, ihr Licht zu finden und es sie in die Welt tragen zu lassen? Das sie sich selbst an Eigenverantwortung erproben dürfen und täglich das Gefühl spüren, wie wundervoll es ist, der eigene Anführer seiner Selbst zu sein.

Wenden wir doch einfach die Maßstäbe auf die Kinder von morgen an, die wir uns selbst für heute wünschen und tragen so für ein bisschen mehr Frieden auf diesem Planeten bei, der so wundervoll und vielseitig ist, wenn wir nur wieder den Blick dafür gewinnen.

„Ich bitte die lieben Kinder, die alles können, mit mir zusammen für den Aufbau des Friedens zwischen den Menschen und in der Welt zu arbeiten.

Maria Montessori

Eine Stellungnahme von Pia Martin

Ich danke Pia für diese Reflexion und vor allem, dass sie mir sie zur Verfügung stellt, sie hier auf 100 Welten zu veröffentlichen. Denn auch das ist Lernen. Und für mich gerade das…. Nicht all das Auswendiglernen und Pauken!

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